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Nürnberg

Flughafen Nürnberg: Flughafenchef Hupe schlägt Alarm


Flughafenchef sorgt sich um Branche
"Wir könnten noch viel besser dastehen"

InterviewEin Interview von Meike Kreil

02.10.2025Lesedauer: 4 Min.
Albrecht-Dürer-Airport in Nürnberg (Archivbild): Mehrere Instanzen sorgen hier für die Sicherheit der Passagiere und die Infrastruktur.Vergrößern des Bildes
Albrecht-Dürer-Airport in Nürnberg (Archivbild): Der Flughafen läuft zwar auf Kurs, doch die Enttäuschung in die Bundesregierung ist groß. (Quelle: Meike Kreil)
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Wie steht es um den Flughafen Nürnberg? Trotz voller Maschinen und wachsender Passagierzahlen treiben Flughafenchef Michael Hupe im Exklusiv-Interview Sorgen um.

Michael Hupe blickt mit Argusaugen auf die zweitägige Kabinettsklausur in Berlin, die Deutschland wieder zu mehr Wachstum verhelfen soll. Was hält die Bundesregierung für die Luftfahrt bereit? Im Interview erklärt der Geschäftsführer des Flughafens Nürnberg, warum die Branche unter Druck steht.

t-online: Herr Hupe, ist der Standort Nürnberg in Gefahr?

Michael Hupe: Wir schlagen uns tapfer. Wir sind unter den Top Ten der
deutschen Flughäfen und der mit dem größten Verkehrszuwachs. Aber: Wir leiden unter den aktuellen Rahmenbedingungen, insbesondere bei der Netzwerkentwicklung. Drehkreuzanbindungen wie Zürich, Wien oder London-Heathrow fehlen – und die kommen so schnell auch nicht wieder.

Gleichzeitig vermeldet der Flughafen Nürnberg regelmäßig neue Passagierrekorde. Wie passt das zusammen?

Der Widerspruch ist mir bewusst. Wir erholen uns schneller als viele andere Flughäfen. Eben auch, weil wir lokal vieles richtig machen. Aber das ändert nichts daran, dass die Branche insgesamt unter Druck steht. Und wenn sich an den politischen Rahmenbedingungen nichts ändert, wird uns das über kurz oder lang auch treffen.

Das Geschäftsmodell des Flughafens setzt stark auf Verwandtschafts- und Tourismusreisen. Ist das noch zukunftsfähig?

Unser Modell funktioniert. Gerade "Visiting Friends and Relatives" ist ein Segment, das sich als sehr robust erwiesen hat. Wir haben uns da gut positioniert. Klar, Businessreisen fehlen, aber das kompensieren wir über andere Märkte.

Also jammern Sie auf hohem Niveau?

In Nürnberg geht es uns aktuell wirklich nicht schlecht. Aber es ist ein Trugschluss, daraus zu schließen, dass alles in Ordnung ist. Der Gesamtdruck auf die Branche bleibt enorm.

Jens Bischof
Jens Bischof (Archivbild). (Quelle: Bernd Weißbrod/dpa/dpa-bilder)

Die Branche schlägt Alarm

Die deutsche Luftverkehrswirtschaft fordert von der Regierung die im Koalitionsvertrag zugesagten Entlastungen, heißt es in einer Pressemitteilung. Bundeskanzler Merz kündigte an, das Thema zur Chefsache zu machen – laut Präsident Jens Bischof ein wichtiges Signal, dem bislang keine Taten folgten. Seit 2019 seien Steuern und Gebühren für Flüge aus Deutschland um über 100 Prozent gestiegen, was Airlines zunehmend ins Ausland treibe.

Warum ist die Situation so prekär?

Die Standortkosten in Deutschland sind im europäischen Vergleich extrem hoch. Das macht uns zunehmend unattraktiv für Airlines. Nehmen wir die Luftsicherheitsgebühren: In Nürnberg liegen wir aktuell bei 8,71 Euro pro Passagier – was schon vergleichsweise günstig ist. In Polen dagegen sind es gerade einmal zwischen 80 Cent und 3 Euro.

Und das ist nur ein Baustein. Dazu kommt die Luftverkehrsteuer, die zuletzt wieder erhöht wurde. Kosten fallen zum Beispiel auch für die Flugsicherung an. Das dämpft die Bereitschaft der Fluggesellschaften, hier neue Strecken zu eröffnen, und führt im Zweifel dazu, dass Flugzeuge lieber in Länder mit geringeren Kosten verlegt werden.

Andere Länder bekommen das besser hin. Warum?

In vielen Ländern gilt Luftfahrt als wirtschaftlicher Treiber, etwa in der Türkei oder in Saudi-Arabien. Dort wird massiv investiert, weil klar ist: ohne Luftverkehr keine internationale Wirtschaft. Bei uns steht eher die Belastungsdebatte im Vordergrund – CO2, Steuern, Abgaben.

Sie hatten anfangs große Hoffnung in die neue Bundesregierung, die im Koalitionsvertrag angibt, die Luftfahrt wieder vermehrt in den Blick nehmen zu wollen. Wie groß ist die Enttäuschung mittlerweile?

Unsere Hoffnung war eine Zeit lang ziemlich groß. Wir haben sehr auf die neue Regierung gesetzt, weil viele Punkte im Koalitionsvertrag in die richtige Richtung gingen. Etwa die Rücknahme der letzten Erhöhung der Luftverkehrsteuer oder die Angleichung nationaler Vorgaben an europäisches Recht bei den nachhaltigen Flugkraftstoffen. Aber passiert ist lange nichts.

Erst seit ein paar Tagen haben wir wieder ein kleines Pflänzchen der Hoffnung, nachdem Bundeskanzler Merz öffentlich erklärt hat, den Luftverkehr wieder stärken zu wollen. Wir hoffen, dass jetzt wieder mehr Bewegung reinkommt.

Klingt, als wäre das eine Art Hilferuf?

Nein, ein Hilferuf ist das nicht. Wir sind wirtschaftlich ganz ordentlich unterwegs, und auch dieses Jahr werden wir wieder deutlich über Plan abschneiden. Aber wir könnten noch viel besser dastehen, wenn die Rahmenbedingungen anders wären. Wir hätten mehr Strecken, mehr Frequenzen. Davon würde am Ende die ganze Region profitieren, für die wir das Ganze machen. Ich sage das übrigens seit 20 Jahren: Von der Bundespolitik kommt keine wirkliche Unterstützung für die Luftfahrt. Das hat sich bislang nicht geändert.

Was wünschen Sie sich konkret?

Mehr Anbindungen an die großen Drehkreuze – etwa Zürich, Wien oder Heathrow. Diese fehlen uns aktuell, auch wenn wir mit KLM nach Amsterdam, mit Air France nach Paris oder mit Turkish Airlines nach Istanbul wieder gut aufgestellt sind. Aber ohne eine gewisse internationale Langstreckenanbindung wird es schwer, langfristig attraktiv zu bleiben – beispielsweise für Messegäste. Und wir brauchen natürlich auch ein klares Bekenntnis zur Frankfurt-Verbindung: Das ist aktuell die letzte Strecke, die uns überhaupt noch mit dem Lufthansa-Netz verbindet.

Und wenn die Bundesregierung nicht einlenkt: Was bedeutet das für die Passagiere?

Höhere Preise und weniger Auswahl. Das Streckenangebot wird kleiner, weil Airlines Verbindungen streichen oder gar nicht erst aufnehmen. Zürich, Wien: Das sind Verbindungen, die es mal ab Nürnberg gab und die unter den aktuellen Bedingungen nicht mehr rentabel sind. Und die Luftverkehrsteuer landet im Staatshaushalt, ohne dass Passagiere oder Flughäfen davon profitieren.

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Der Flughafen Memmingen holt stark auf. Wie sehr schmerzt das?

Respekt, was Memmingen aus seiner Infrastruktur rausholt. In manchen Wintermonaten lagen sie nach Passagierzahlen vor uns. Aber spätestens seit April liegen wir wieder vorn. Das dortige Modell ist radikal auf niedrige Kosten ausgelegt. Bei uns erwarten sowohl Airlines wie Lufthansa oder Air France als auch die Passagiere mehr Service.

Wie sieht der Flugverkehr in Nürnberg in zehn Jahren aus?

Wir rechnen mit leichtem Wachstum, obwohl es Risiken gibt: wirtschaftlich, politisch, strukturell. Die Region hat Potenzial und Kaufkraft. Aber wenn weiterhin zu viel konsumiert und zu wenig investiert wird, wird sich das rächen. Chancen sehe ich aber durch neue Technologien. Kleine Elektroflugzeuge mit 20 bis 25 Sitzen könnten in den nächsten Jahren für kurze Strecken Realität werden, zum Beispiel nach Stuttgart oder Leipzig. Aber für
größere Wasserstoff-Flugzeuge fehlt noch die Infrastruktur.

Danke für das Interview, Herr Hupe.

Verwendete Quellen
  • Reporterin im Gespräch mit Michael Hupe
  • Pressemitteilung der Deutschen Luftverkehrswirtschaft vom 30. September 2025

Quellen anzeigenSymbolbild nach unten

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