Landschaftspflege mal anders Die Mähdrescher mit Herz, Huf und Horn

Wasserbüffel und Flugzeuge: eine kuriose wie fruchtbare Kombination – und eine voller Widersprüche. Ein Ortsbesuch beim Hirten am Flughafen.
"Blööööööööök, blöööööööök": Der Ruf ist laut und undefinierbar. Er hallt durch den Bucher Landgraben, der Teil des Flughafens Nürnberg ist. Franz Fleischmann ruft seine Schützlinge, ahmt ihr Geräusch nach. Gemächlich setzen sie sich in Bewegung, nur keine Eile. "Die machen nur, worauf sie Lust haben", erklärt der Hirte. Er spricht von seinen Wasserbüffeln.
Sieben von ihnen beweiden im Spätsommer Teile des Biotops am Albrecht-Dürer-Airport. Wasserbüffel neben der Flugbahn: Das wirkt kurios, zieht aber regelmäßig Publikum an. Gerade eben haben die Tiere noch in die Kameras mehrerer Zuschauer geblickt. Jetzt bewegen sie sich langsam, aber zielstrebig auf ihren Hirten zu. Immer mit der Ruhe. Es dauert ein paar Minuten, bis sie bei ihrem Hirten ankommen, der neben dem Flussbett steht.
Es ist ein ungewöhnliches Bild, ein ungewöhnlicher Ort. Friedlich grasende Wasserbüffel im Knoblauchsland und eine scheinbare Idylle, bis ein gerade mit tosendem Lärm gestartetes Flugzeug über die Szenerie hinwegfliegt. Und nur ein paar Hundert Meter weiter der Flughafen, in dem gerade etliche Passagiere abgefertigt werden. Davon völlig unbeirrt setzen die Tiere ihre "Arbeit" fort.
Sie verrichten hier, am Fluss des Bucher Landgrabens, eine wichtige Aufgabe: Landschaftspflege. Sie halten das Schilf im Wasser und das Gras an den Ufern kurz. Damit schützen sie das Gebiet vor Verbuschung und Überschwemmung. Das Abgrasen durch die Wasserbüffel hat viele Vorteile gegenüber Maschinen, die normalerweise hierfür zum Einsatz kommen, in diesem Sumpfgebiet aber an ihre Grenzen stoßen würden. Außerdem: Das schwere Gerät würde hier alles plattmachen, erklärt Flughafensprecher Christian Albrecht. Wasserbüffel dagegen mähten die Landschaft sanft.
Büffel, Biber und Biodiversität
Auf diese Weise bleibt auch noch Raum für kleinere Arten, wie Insekten, und somit mehr Biodiversität. Auch streng geschützte Biber haben sich hier angesiedelt. Hirte Fleischmann muss Acht geben, dass seine Rinder den Nagetieren nicht in die Quere kommen. Würden hier Maschinen mähen, wäre fraglich, ob sich der Biber hier angesiedelt hätte.
Stolz zeigt Fleischmann den Vorher-Nachher-Effekt. Auf der rechten Seite kann man kurzes Schilf erkennen, das wie frisch geschnitten aussieht. Daneben befindet sich eine maulgemähte, aufgelockerte Wiese und dazwischen fließt ein klar erkennbarer Wasserlauf. Auf der anderen Seite, links, wo die Wasserbüffel bislang nicht waren, herrscht hingegen Wildwuchs. Das Schilf ragt meterhoch empor, das Wasser steht.
Einer der Wasserbüffel frisst sich gemächlich durchs Dickicht, die anderen haben es sich am Ufer bequem gemacht. Insgesamt besteht die Herde aus sechs Weibchen und einem Männchen. Im Herbst werden fünf Jungtiere erwartet. Fleischmann zeigt auf ein Tier und stellt es mit dem Namen Alma vor. "Aber fragen Sie mich nicht, wie die anderen heißen", sagt er. Nur das Männchen erkenne er aber sofort. "Das ist der Sepp", erklärt der 29-Jährige – oder besser auf Fränkisch: der "Sebb". Der Hirte krault den Büffel am Kinn, er stupst ihn zurück.
Sein Verhältnis zu den Tieren? Ambivalent. Denn neben den Streicheleinheiten lässt sich das Töten manchmal nicht vermeiden. Zuletzt musste ein Jungtier sterben, weil es plötzlich erblindet war. Sie töteten und schlachteten es auf ihrem Hof.
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Fleischmann ist ausgebildeter Hufschmied. Mit seiner Frau und den vier Kindern, den zwei Brüdern, Eltern und Großeltern, lebt er auf einem Hof in Kraftshof, nicht weit entfernt – mit eigener Metzgerei, Hühnern, Kühen, Schafen, Gänsen, Schweinen und allem, was sonst noch dazugehört.
Nur der Müll stört
"Eigentlich wollte ich Rinder kaufen, aber dann habe ich einen Bericht über Wasserbüffel gesehen und mir gedacht: Die will ich!" Damals gehörte er zu den Ersten, die die besondere Rinderart hüteten. Heute gibt es in der Region mehrere solcher Hirten. Fleischmann aber betreibt seine Herde gewerblich, zieht mit ihr durch Nürnberg und Fürth. Mal beweiden sie private, mal anderweitige Grundstücke. Bezahlt wird nach Fläche.
Ein Elektrozaun hält die Herde auf dem zu beweidenden Gebiet. Zweimal täglich schaut Fleischmann nach ihnen – auch sonntags. Sie versorgen sich weitgehend selbst. Nur im Winter muss er zufüttern.
Seit drei Jahren gehört auch der Flughafen zu seiner Route. Die Zusammenarbeit, sagt er, habe sich bewährt. Flughafensprecher Albrecht nickt zustimmend.
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Was Fleischmann jedoch störe, sei der Müll. "Ich habe im Gebüsch neulich ein ganzes Geschirrset gefunden: Teller, Gabel, Messer." Aber auch Dosen oder Flaschen finde er hier regelmäßig vor. Besonders fies seien die kleinen Schnapsflaschen, die platzen, wenn die Wasserbüffel mit ihrem Huf draufsteigen. "Das geht dann sofort in die Klauen." Dann ärgert er sich über die Menschen: "Manche sehen die Natur nur als Mülleimer."
Albrecht weist auf den Landschaftsdienst hin, den der Flughafen unterhalte, um das Gelände sauber zu halten. Doch der sei für eine riesige Fläche zuständig.
Die Wasserbüffel werden diesmal länger am Ufer zum Grasen bleiben als sonst. Das Schilf ist wegen des Regenwetters so hoch und dicht gewachsen, dass noch viel Arbeit vor ihnen liegt.
- Reporterin vor Ort

